Lange Zeit ist es her, dass ich mental so geknickt von einem Rennen nach Hause gekommen bin.
Mir war von Anfang an klar, dass die Red Bull Romaniacs das längste und härteste Extremenduro der Welt sind, doch das es so endet, hatte ich nicht erwartet. Meine Vorbereitung startete ca. 8 Wochen vor der Veranstaltung. Durch meinen „Tennisarm“ war ich gezwungen eine lange Pause zu akzeptieren. Mein Training klammerte dann eine schwere Belastung der Arme, soweit es sich vermeiden lies, aus. Ich wusste das ich suboptimal vorbereit war, wollte aber das Beste daraus machen und hielt an meiner Entscheidung fest, in der Goldklasse an den Start zu gehen. Rückblickend betrachtet sehr blauäugig.
Unser Rumänientrip startete. mit anfänglicher Aufregung durch eine kurzfristige Betreuersuche, dann doch recht relaxt am Sonntagmorgen. Begleitet wurde ich wieder von meiner Freundin Maria, meinem Teambuddy Felix, Kruschi und Mediaikone Denis Günther sowie unserer neuen Betreuer Domi.
Über die uns mittlerweile mehr als bekannte Route kamen wir gegen 20 Uhr in Sibiu an und konnten bei einem leckeren Steak das EM-Endspiel im TV verfolgen. Anschließend bezogen wir unsere super günstige und ganz neue Ferienwohnung.
Montag stand der Abnahmemarathon auf dem Plan. Wie immer überdurchschnittlich gut organisiert arbeiteten wir uns durch die verschiedenen Stationen (Lizenz, Unterkunft, GPS, Emergency usw). Abschließend wurde von jedem Fahrer noch ein Videoclip gedreht. Nach der technischen Abnahme durfte die Goldklasse die erste Hälfte des Prologs testen, was ich mir natürlich nicht entgehen ließ. Es war gut, das schon einmal gefahren zu sein, es nahm etwas die Nervosität in wie weit die Hindernisse fahrbar waren. Im Anschluss schafften wir die Bikes in den Moto Security Park und gingen etwas essen. Wir schauten uns noch den ersten Streckenabschnitt von Tag 1 an „The Impossible“ und versuchten noch etwas zu relaxen. Es war mittlerweile sehr heiß geworden.
Der Cityprolog - Crashkurs
Im Zentrum wurde wieder ein sehr schöner spektakulärer Prolog aus Holz, Steinen und Sand aufgebaut. Der zu Fuß kaum zu bewältigen, aber mit dem Bike dann doch „fahrbar“ war. Für mich verlief es ernüchternd. In beiden Qualiläufen patzte ich und konnte mich dadurch nicht für den Nachmittagsprolog qualifizieren. Ich hab es sportlich gesehen und konnte Kraft sparen. Haken dran und gut.
Offroadtag 1 – „please take care“
Ich kann mich noch an die Worte eines Zuschauers erinnern bevor ich in einen der zahllosen und supersteilen Downhills ging. Doch immer der Reihe nach. Nach einer kurzen Nacht mit wenig Schlaf (es war unerträglich warm), die für mich gegen 5 endete, ging es mit dem Sprinter 40km raus aus Sibiu zum Offroad-Start. Leicht nervös was mich erwarten würde ging es ohne Umwege zum ersten Hillclimb, der mich schon die ersten Körner kostete. Ich war froh dort meine Service-Jungs platziert zu haben. Im Anschluss folgte ein gemeinsamer super steiler Downhill zusammen mit der Silberklasse, der mir aus 2015 noch in Erinnerung war. Auch so kannte ich einige Streckenabschnitte wieder. Allerdings sind wir das in der Silberklassse letztes Jahr anders herum gefahren. So wurde es an mancher Auffahrt doch sehr schwer und ich hatte arge Probleme meinem Rhythmus zu finden. Im Abschnitt „Appetizer“ bin ich noch gut durchgekommen, hatte aber dann in den Bergen Probleme mit der Bedüsung. Das Mepp lief sehr schlecht. Aber ok, hilft ja nichts. Was mich am meisten störte, war das viel zu weiche Serienfahrwerk für die schnellen Verbindungswege. Bei schneller Gangart über die Bergwiesen und Wege war es permanent am Limit und überfordert. Das hat mich enorm viel Kraft gekostet, das hätte ich trotzdem vorher wissen müssen - mein Fehler. In einem Downhill wurde mir von irgendwem zugerufen „please take care“ ich wusste Sekunden später auch warum. Mit einer Harakiri Aktion säbelte ich den Downhill runter und kam grade so an einem großen Stein zu stehen. Ich hatte mehr Glück als Verstand und war froh in einem Stück unten angekommen zu sein.
Nach einem Zwangsstop, wo ich meine Handschützer wieder fest Schrauben musste, ging es auf endlos erscheinenden Goldtrails zum Servicepunkt. Diesen erreichte ich nach 4,5 h Fahrzeit. Ich war körperlich doch schon sehr angeschlagen. Die schier endlos erscheinenden Downhills kosteten richtig Kraft, viele dieser Abfahrten waren unfahrbar für mich. So blieb mir nichts anderes übrig als zu schieben, was noch mehr Kraft kostete. Nach ca. 8h Fahrzeit wusste ich, dass es eng werden würde. Ich hatte noch ca. 50km vor mir und hoffte auf „schnellere“ leichtere Wege. Doch es sollte anders kommen, nix da mit schnelleren Wegen - ein langsamer Trail nach dem anderen. Am letzten Tankpunkt dann der größte Fehler, den ich machen konnte… Wir waren spät am Tankpunkt und so gab es kein Wasser mehr. Ich habe im Servicefahrzeug allerdings ein 6-Pack Wasser gesehen. Auf mein gezieltes Fragen nach einer Flasche zum Rucksack auffüllen wurde ich abgewiesen. Ein kleiner Junge des Service Team hatte Erbarmen und gab mir aus seiner Flasche einen kleinen schluck für meinen Rucksack. Ich Trottel habe aber nicht richtig zugeschraubt und wunderte mich warum der Rucksack auf einmal so nass war L Weg war mein rettender Schluck Wasser. Ich entschied mich in dem Fluss meinen Rucksack zu befüllen. Das Wasser sah auf dem ersten Blick sauber aus. Doch die Rechnung sollte ich über Nacht bekommen.
Nach dem Tankpunkt folgte wieder eine supersteile lange Auffahrt, welche ich nur durch schieben, wuchten und zick-zack bewältigen konnte. Und die Uhr lief erbarmungslos gegen mich. Wenig später im Malaia-Uphill angekommen hatte ich noch ca. 1h für 40km. Dieser Uphill verlangte mir noch einmal alles ab. Es war heiß, super steil und endlos lang. An einer Schlüsselstelle, einer Felssektion im Wald schnippte ich das Bike auch noch etwas den Hang hinunter… das kostete ungemein Kraft wieder auf denTrail zu kommen. Doch irgendwie kam ich oben an, nach einer gefühlten Ewigkeit für ein paar Meter Strecke. Ich versuchte noch einmal zu pushen, doch ein schwerer Trail jagte den nächsten und ich war am körperlichen Limit angekommen und war im Survival Modus. Richtung CP7 fuhr ich der Timebar entgegen. Ziemlich genau nach 10h Fahrzeit wurde ich an CP 7 aus dem Rennen genommen. Ich bekam eine letzte Anweisung wie ich auf den Iron Track finde, welchem ich ins Ziel folgen sollte. Kurz nach mir wurde mein Silberkumpel Marco Waldmann an selber Stelle aus dem Rennen genommen. Wir fuhren dann gemeinsam im lockeren Tempo ca. 25 km auf dem auch nicht so einfachen Iron Track Richtung Ziel. Für Iron war das Bergab teilweise schon sehr steil…. Im Ziel wartete meine Service Crew schon seit Stunden auf mich. Ich war so froh meine Freundin und Kumpels zu sehen. Ich war etwas geknickt mit Timebar raus zu sein. Doch einen Neustart hat man zum Glück.
Offroadtag 2 – ich hätte es lassen sollen
Donnerstagmorgen bin ich mit Bauschmerzen aufgewacht nachdem ich wie Tod geschlafen habe. Kurz später fand ich mich im Nachbarzimmer wieder und wusste nicht wie mir geschieht. Magen/Darm … Trotzdem versuchte ich etwas Müsli reinzubekommen. Die Fahrt mit dem Sprinter zum Start war schrecklich. Ich versuchte mich zusammenzureißen doch es ging nicht, weit und breit kein „Dixi“ L Mir war übel und mein Bauch veranstaltete eine Party. Nach den ersten Metern auf dem Bike war wenigstens die Übelkeit weg. Doch ich fühlte mich kraftlos und hatte keinen Biss. Jede Auffahrt, jeder noch so kurze Downhill war eine Qual. Nach CP 2 kam der „Wasserfall“-Loop für die Gold Klasse. Diesen kämpfte ich mich noch durch und kurz vor CP 3 wartete meine Service-Crew. Ich entschied mich das Rennen zu beenden. Am Ende meiner Kräfte hätte ich nur noch eine unnötige Verletzung riskiert.
Ich war mental noch nie so niedergeschlagen, doch mein gesunder Verstand sagte mir, dass es so besser ist.
Gold-Resümee
Alles in Allem bin ich froh einmal gesehen zu haben, was in der Goldklasse gefahren wird. Es war in etwa so schwer wie die Silberklasse, doch mit einer enormen Häufigkeit der schweren Stellen. Sicher hier und da ein paar Stellen die für mich unfahrbar waren, doch unterm Strich war es ok. Mit meinem jetzigen Trainingsstand (und ich war gut vorbereitet) sind die Etappen irgendwie machbar. Aber mit Tagesetappen von 160 Kilometern Extrem Enduro allerdings für mich als Semi-Profi viel zu lang. Es ist zwar nur ein nur ein kleiner „Trost“, doch auch in der Spitze gab es viele Ausfälle. Am Ende von 4 Tagen haben nur 10 der 50 Profifahrer in der Goldklasse das tägliche Ziel erreicht. Es bleibt zu Recht das Härteste Rennen der Welt. Doch wenn man den Stimmen der Fahrer glaubt, war es allen zu lang und es hat keinen wirklich Spaß bereitet. Ich glaube aber das wird sich keiner getrauen an richtiger Stelle einmal vorzusprechen. Man kann die Weltelite auch auf einem 100km Kurs mehr als fordern. Das ist nicht nur meine Meinung. Und wenn ich jetzt schon einmal am Kritik ausüben bin, dann finde ich es absolut nicht ok, das man kein Wasser bekommt, selbst wenn man spät an den Tankpunkt kommt. Egal wie spät, Wasser hat bei diesen Startgeldern einfach ausreichend da zu sein.
Service-Team
Die letzten beiden Tage habe ich meinem Kumpel Feli mit unter die Arme gegriffen, und versucht ihm das Rennen zu erleichtern. Es war schön auch einmal die Betreuerseite zu sehen und live zu erleben. Jetzt habe ich nur noch mehr Respekt vor der Leistung, die immer wieder durch euch erbracht wird. Und das alles für nix. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle auch bei meinen Helfer bedanken. Ihr seid die Besten. Vielen Dank
Ich werde mich jetzt noch etwas erholen und dann neue Trainingsziele mit dem OSP-Chemnitz formulieren um weiter an meiner körperlichen Leistung zu feilen. Wenn alles klappt kann ich beim RedBull 111 MegaWatt an den Start gehen. Bis dahin. Ride On. Euer Marcel